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Mit den Installationen der MährenFurt am 18. September 2012 und am 1. Oktober 2013 vollendete Reiner Kaufmann sein Kunstwerk MährenFurt bei Flusskilometer 39 – der Dialog um den Weg in das Neuen Emschertal geht weiter.

Die ersten Skizzen der Pferdefiguren schuf Reiner Kaufmann gemeinsam mit den Kinder- und Jugendparlamenten von Recklinghausen und Herne sowie mit den Schülern der Grundschule PantringsHof.

Nach dem Entwurf des Künstlers stellten Schüler, Lehrer und Eltern der Grundschule PantringsHof die ersten Figuren der Jokoo-Herde her.

Experimentelle Installationen am Flusskilometer 39 bereiteten die Realisierung des Kunstwerks vor. Ein Prozess des Dialoges mit Anrainern und zufälligen Passanten kam in Gang.

Durch die Beteiligung der Bevölkerung am Gesamtprozess entstanden immer wieder neue Pferdefiguren – die Familie der Jokoos nahm Gestalt an.

Mit den Installationen der MährenFurt am 18. September 2012 und am 1. Oktober 2013 vollendete Reiner Kaufmann sein Kunstwerk MährenFurt bei Flusskilometer 39 – der Dialog um den Weg in das Neuen Emschertal geht weiter.

Die ersten Skizzen der Pferdefiguren schuf Reiner Kaufmann gemeinsam mit den Kinder- und Jugendparlamenten von Recklinghausen und Herne sowie mit den Schülern der Grundschule PantringsHof.

Nach dem Entwurf des Künstlers stellten Schüler, Lehrer und Eltern der Grundschule PantringsHof die ersten Figuren der Jokoo-Herde her.

Experimentelle Installationen am Flusskilometer 39 bereiteten die Realisierung des Kunstwerks vor. Ein Prozess des Dialoges mit Anrainern und zufälligen Passanten kam in Gang.

Durch die Beteiligung der Bevölkerung am Gesamtprozess entstanden immer wieder neue Pferdefiguren – die Familie der Jokoos nahm Gestalt an.

Der Kunstort

Wilde Pferde, wie sie bis Mitte des 19. Jahrhunderts im Emschertal beheimatet waren, haben den Fluss wohl eher als Trennlinie denn als Verbindungsweg empfun­den. Wenn das Grün am anderen Ufer ihnen grüner erschien als jenes, was ihnen gerade zur Verfügung stand, mussten sie nach seichten Stellen im Flusslauf suchen, durch die sie zur anderen Seite wechseln konnten. Die „Mähren“ nutzten für den Übergang jene Furten, die der noch unbegradigte und frei mäandrierende Fluss in den alten Zeiten aufwies.

Das ist der Ausgangspunkt für ein Kunstwerk unter dem Titel „MährenFurt“, das der Recklinghäuser Künstler Reiner Kaufmann am Flusskilometer 39 zwischen den südlichen Stadtteilen Recklinghausens und Herne-Pantringshof im Zusammenwirken mit vielen Beteiligten aus der Region in Szene setzt.

„In der Mährenfurt“ bezeichnet eine Straße im Recklinghäuser Süden. Jedes Mal, wenn Reiner Kaufmann hier des Weges kam, fühlte er sich durch den bildhaften Straßennamen angesprochen, und so war es sicher kein Zufall, dass er gerade diesen Platz im Städtedreieck von Herne, Recklinghausen und Castrop-Rauxel für ein Kunstwerk wählte, das die Grenzen zwischen den Orten und die Grenzen in den Köpfen der Menschen überwinden will.

Das Projekt

Die MährenFurt überspannt bei Flusskilometer 39 die Emscher. Sie besteht aus je fünf Stahlträgern an beiden Ufern, zwischen denen Stahlseile ge­spannt sind. An diesen Seilbrücken, vom Künstler als „Pfade“ bezeichnet, werden Figuren aufgehängt. Diese stellen die Silhouetten von jeweils zwei Pferden dar, die einander gegenüber stehen und in dieser Begegnung miteinander verschmelzen, so dass der Betrachter die Pferde stets von ihrer Rückseite her sieht.

Die Pferdefiguren nennt Reiner Kaufmann „Jokoos“ nach einem Begriff aus der im Senegal verbreiteten Sprache Wolof. „Jokoo“ bedeutet soviel wie „Zusammenstehen“ oder „Miteinander auf dem Weg sein“. Der Künstler übersetzt das Wort mit „Begegnung auf Augenhöhe“, und genau dafür sollen seine Pferdefiguren an der Emscher stehen.

Die Jokoos beschreibt Reiner Kaufmann als „Geschöpfe des Neuen Emschertals. Sie wollen gute Weiden und einen gestaltbaren Raum, in dem eine lebenswerte Zukunft möglich ist. Sie lassen sich weder verwalten noch vor Interessen spannen. Sie gleichen unseren Kindern – der Zukunft.“

Die Jokoos

Als die Idee der MährenFurt 2005 entstand, machte Reiner Kaufmann sich mit der vagen Vorstellung von einer Pferdefigur auf den Weg zu den Menschen im Emschertal, getreu seinem Motto: „Die Kunst zu den Menschen bringen.“ Er suchte den Kontakt zu den Kinder- und Jugendparlamenten von Herne und Recklinghausen sowie zur Grundschule PantringsHof und stellte dort die Frage, wie das Emscherpferd aussehen sollte. Die Kinder und Jugendlichen fingen rasch Feuer und ließen sich für die Idee begeistern, und so entstanden in mehreren Arbeitssitzungen Dutzende von Pferdeskizzen aus Kinderhand, eine fantasievoller als die andere. Darunter fand sich auch das „Pferd von hinten“, das, vom Künstler bearbeitet und weiter gestaltet, bald zum Archetyp der Jokoos werden sollte.

Für Kaufmann stehen die Pferde für die Natur, die sich ihren Weg über Grenzen hinweg bahnt und überall einen Pfad des Überlebens findet, eine Furt vom Hüben zum Drüben. Seine Emscher-Pferde geben den Menschen eine Strategie des Überlebens an die Hand: Das andere Ufer und damit im übertragenen Sinne die Zukunft lässt sich nur erreichen, wenn man wie die Pferde der Jooko-Herde gemeinsam handelt. Jede Figur ist individuell gestaltet, wie jeder Mensch ein Individuum ist, aber die Herausforderungen des Lebens und Überlebens lassen sich nur gemeinsam bewältigen.

Dabei, auch das machen die Jookos deutlich, muss die Begegnung auf Augenhöhe erfolgen, denn die Zukunft lässt sich nicht in Fortsetzung überkommener Hierarchien meistern. Das Allweltpferd in der Mitte der Skulptur weist auf die globale Vernetzung gesellschaftlicher Entwicklungen hin und empfiehlt den Handelnden einen vorurteilsfreien Blick auf andere Kulturen. Multikulturelles Miteinander und Offenheit für anderes Denken sind die wesentlichen Erfolgsfaktoren der Zukunftsgestaltung.

Der Künstler

Reiner Kaufmann bezeichnet sich selbst als „Emscherländer mit oberdeutscher Zun­ge“, womit er auf seine Herkunft aus dem Südwesten Deutschlands verweist. Dort war er in den 80er und 90er Jahren mit Projekten der Sozial- und Kunstpäda­gogik befasst. In dieser Zeit sammelte er Erfahrungen damit, Menschen an kreativen Prozessen zu beteiligen.

Nach seinem Unzug ins Ruhrgebiet führte er im Auftrag der evangelischen Kirche zahlreiche Projek­te der Kunst- und Kulturbildung durch. Gemeinsam mit seiner Ehefrau, der inzwischen verstorbenen Sonderschullehrerin und Theaterpädagogin Hanne Kaufmann, gründete er 1996 in der Recklinghäuser Südstadt das Atelier „Das Gelbe Haus“, das schon bald zu einem Ort der Begegnung für Kulturschaffende und kulturell Interessierte wurde.

Bei seiner Arbeit geht es Kaufmann weniger um das Kunstwerk selbst als viel­mehr um den Prozess seiner Entstehung und um die Beteiligung von unterschiedlichen Menschen daran. Die Teilhabe der Vielen ist ihm wichtiger als die künstlerische Selbstdarstellung oder die Urheberschaft am fertig gestellten Kunstwerk. Deshalb kann man, wenn man vor einer Arbeit Kaufmanns steht, nie genau sagen, was sein Anteil am Kunstwerk ist – stets haben viele Köpfe und Hände Beiträge geleistet. Es ist ein durch und durch demo­kratischer Gedanke, der Kaufmanns Kunst beseelt.

Die Installation

Die Fertigstellung des Kunstwerkes MährenFurt vollzog sich in zwei Schritten: Am 18. September 2012 wurden die drei mittleren Pfade der Kunstfurt installiert, am 1. Oktober 2013 folgten die beiden äußeren Pfade mit den Pferdefiguren der Städte Herne und Recklinghausen. Zwischen beiden Festakten, die unter großer Beteiligung der Anrainer am Flusskilometer 39 durchgeführt wurden, lag ein Dialogprozess, in dessen Verlauf Reiner Kaufmann mit immer wieder anderen Gruppen Zukunftswerkstätten durchführte.

Der Kunstort am Fluss wurde mit den Jahren mehr und mehr von der Bevölkerung angenommen. In Höhe der MährenFurt richtete die Emschergenossenschaft einen Ver­weil­­ort ein, der Passanten und Radfahrer zu einer Rast einlädt und ihnen dabei den Blick auf den Fluss und auf den Zug der Jokoos gestattet. Die Skulptur über dem Fluss regt zu stillem Nachdenken über den Wandel des Emschertales ebenso an wie zu munteren Debatten über die Rolle der Kunst oder die Chancen und Risiken des Emscher-Umbaus.

Dass die MährenFurt einen wichtigen Beitrag zur Dialogkultur beim Emscher-Umbau leistet, haben auch andere bemerkt. Das Wuppertal-Institut zum Beispiel befasste sich 2013 in einem Buch unter dem Titel „Emscher 3.0 – Vom Grau zum Blau“ mit den Auswirkungen des Emscher-Umbaus auf ökonomische, ökologische und soziale Entwicklungen in der Emscher-Region. In dieser Publikation wird die MährenFurt als Beispiel für gelebte Partizipation im Rahmen des Emscher-Umbaus gewürdigt. „Das Projekt MährenFurt“, heißt es dort, „inszeniert den Übergang von Ufer zu Ufer und nimmt somit die Entwicklung des Neuen Emschertales symbolisch vorweg. (…) Ziel ist auch hier die öffentliche Eroberung eines bereits verloren geglaubten Lebensraumes und die Etablierung einer neuen Lebensqualität und -kultur an den Ufern der Emscher.“

Das Kunstwerk MährenFurt wurde im Herbst 2013 vollendet – der Dialog um den Weg in das Neuen Emschertal geht weiter.

http://www.maehrenfurt.de

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Projekte

Mit der Rubrik „PROJEKTE” präsentiert der EMSCHERplayer ausgewählte Kulturprojekte, die die Emschergenossenschaft durchführt oder bei denen sie sich stark engagiert. Die Kunst-, Kultur- und Bildungsprojekte im Rahmen des Emscher-Umbaus machen das Leben und seine Perspektiven im Neuen Emschertal zum Thema vielfältiger Kommunikation und Intervention. Sie laden die Menschen im Emschertal zur Teilhabe an gegenwärtiger und zukünftiger Gestaltung ein.