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Macht Stadt krank?

Gesundheit im Gefüge urbaner Systeme am Beispiel der Metropole Ruhr

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Gesundheit ist ein essenzielles menschliches Bedürfnis. Neben den sattsam bekannten individuellen Risikofaktoren, wie ungesunder Ernährung, mangelnder Bewegung, Übergewicht, Rauchen und genetischer Veranlagung haben auch soziale Verhältnisse und die Ausgestaltung der Umwelten einen Einfluss auf die menschliche Gesundheit. Dabei rückt angesichts zunehmender Urbanisierung auch der Zusammenhang zwischen gebauter Umwelt und Gesundheit in den Fokus von Forschung und Politik.

Auf der Suche nach der gesunden Stadt

Metropolregionen wie das Ruhrgebiet sind charakterisiert durch diverse, spezifisch wirkende technologische, wirtschaftliche, ökologische, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen, die auch die Gesundheit und Krankheit und damit die Lebensqualität der Menschen beeinflussen. Wie aber genau die komplexen Zusammenhänge in städtischen Agglomerationen verlaufen und wirken, ist bislang wenig erforscht. Der Profilschwerpunkt „Urbane Systeme“ der Universität Duisburg-Essen soll hier Abhilfe schaffen und das Zentrum für Urbane Epidemiologie am Universitätsklinikum Essen untersucht in diesem Rahmen die Verflechtungen zwischen dem urbanen Umfeld und der Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner in der Ruhrmetropole mit Hilfe eines interdisziplinären Ansatzes. Dabei werden zum einen eine Reihe von Forschungsprojekten durchgeführt und zum anderen sogenannte Service Learning-Lehrangebote bereitgestellt. Hier haben Studierende die Gelegenheit, in Seminarprojekten komplexe urbane Zusammenhänge zu analysieren, eigene Fragestellungen zu bearbeiten und kreative Problemlösungsstrategien zu entwickeln. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, wie genau und in welchem Ausmaß Umweltfaktoren die Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner beeinflussen. Diese Frage stellt sich insbesondere für urbane Systeme, die sich durch eine hohe Komplexität auszeichnen. Welche inter- und transdisziplinären Forschungsansätze existieren? Wie können stadtplanerische und gesundheitsförderliche Handlungsempfehlungen für Metropolregionen entwickelt werden?

„Healthy and Liveable Cities“

Das Projektseminar „Healthy and Liveable Cities“ startete im Sommersemester 2012 im Rahmen der neu eingerichteten Master-Studiengänge „Urbane Kultur, Gesellschaft und Raum“ und „Sustainable Urban Technologies“ an der Universität Duisburg-Essen. Das interdisziplinär und praxisorientiert ausgerichtete Projektseminar wird vom Zentrum für Urbane Epidemiologie der Uni-Klinik Essen in Kooperation mit anderen Fachrichtungen im Rahmen des Verbunds „Urbane Systeme“ durchgeführt. Die Studierenden sollen dabei selbst gewählte Schwerpunkte zum Themenfeld „Stadt und Gesundheit“ bearbeiten und einleitend die historische und ökonomische Entwicklung der Untersuchungsgebiete festhalten, Kartierungen der Betrachtungsräume anfertigen, politische Entscheidungsprozesse visualisieren, Bewegungsmuster in Grafiken fassen, die Bedeutung von Grünflächen erarbeiten, Gesundheitsdaten interpretieren und schlussendlich Ideen für die Ausgestaltung von gesundheitsfördernden städtischen Umwelten entwickeln. Dabei entstanden von 2012 bis 2013 neun kleine innovative Lehr-Forschungsprojekte, von denen fünf im Folgenden vorgestellt werden sollen.

Parks und sportliche Aktivität

Im Untersuchungsgebiet Essen-Altendorf wurde am Beispiel des innerstädtischen Krupp-Parks die Bedeutung öffentlicher urbanen Grünräume für das Sportverhalten Jugendlicher untersucht. Soziodemographisch ist das Quartier durch eine dichte Bebauung, einem hohen Anteil von einkommensschwachen und bildungsfernen Schichten sowie einem hohen Anteil junger Menschen geprägt. Räumlich zeichnet sich das Untersuchungsgebiet durch fehlende Frei- und Grünflächen aus. Die Verbindung der räumlichen Strukturen mit den sozioökonomischen Daten des Stadtteils lässt darauf schließen, dass der Mangel an Bewegungsräumen insbesondere Jugendliche aus unteren sozialen Schichten trifft und damit genau diejenigen, die ohnehin die höchsten Rate an Krankheitsrisiken aufweisen. Für diese Gruppe können, so der Vorschlag der Studierenden, im Krupp-Park gesundheitsförderliche Freizeitangebote offeriert werden und damit ein Anreiz für sportliche Aktivität einerseits und für gesellschaftliche Kommunikation andererseits gegeben werden. Die Studierenden führten Befragungen von jugendlichen Besuchern des Krupp-Parks durch, die einen Einblick in das Nutzungsverhalten der Jugendlichen geben: Mädchen nutzen die Grünanlage hauptsächlich zum „frische Luft Tanken“. Jungen hingegen wollen sich lieber „auspowern“. Darüber hinaus war überraschend, dass nur wenige der Befragten überhaupt aus Altendorf kamen. Vielmehr hatten viele Passanten eine längere Anreise in Kauf genommen, um den Park zu besuchen. Dies lässt darauf schließen, dass der Park eine überregionale Zielgruppe anspricht und unterstreicht den Stellenwert des Krupp-Parks über die Stadteilgrenzen Altendorfs hinweg.

Psychische Gesundheit und städtische Identität

Nördlich an das Untersuchungsgebiet Altendorf grenzt mit Essen-Bochold ein weiterer Stadtteil, der im Rahmen des Projektseminars charakterisiert wurde. Ziel war es herauszufinden, ob das Quartier über eine konturierte Identität verfügt und wie die Ausgangslage der Region von den Einwohnern beurteilt wird. Um dieser Fragestellung auf den Grund zu gehen, führte die Projektgruppe Interviews mit BewohnerInnen und mit Experten aus der Politik durch.
Neben einer hohen Bevölkerungsdichte und einem geringem Bevölkerungsanteil von Personen im Alter unter 18 Jahren stachen besonders das Fehlen eines gemeinsamen Ortszentrums sowie Unterschiede bei der Bau-, Nutzungs- und Sozialstruktur zwischen dem östlichen und westlichen Teil des Untersuchungsgebiets heraus. Im Westen von Bochold gibt es deutlich mehr schulische, soziale und kulturelle Einrichtungen als im östlich gelegenen Gebiet. Im mittleren Teil des Quartiers gibt es kaum Infrastruktur, so dass die beiden Arealen wenig verbunden sind. Hinzu kommt, dass beide Teilbereiche Bocholds über fußläufige Nahversorgungseinrichtungen verfügen und somit praktisch als ‚Städtische Dörfer der kurzen Wege’ erscheinen. In den jeweiligen ‚Dörfern’ – und nicht in dem qua Verwaltung geschaffenen Stadtteil Bochold – findet der soziale Kontakt statt, der für die psychische Gesundheit der Menschen ein wichtiger Faktor ist. Die Befragungen und Interviews haben ergeben, dass Bochold über kein klar umrissenes Image verfügt, denn die Bewohner im östlichen Teil des Quartiers fühlen sich hauptsächlich dem Stadtteil Bergeborbeck zugehörig und nutzen die dort angebotenen Nahversorgungsmöglichkeiten, während es die Menschen im Westen häufiger zum nahegelegenen und daher besser erreichbaren Borbeck verschlägt, um dort ihre Freizeit zu verbringen oder Lebensmittel des mittel- oder langfristigen Bedarfs einzukaufen.

Mobilität und Gesundheit: Die Bedeutung des Fahrrads

Die Projektgruppe Frohnhausen hat sich in dem Stadtteil mit den Voraussetzungen und Perspektiven der Fahrradnutzung auseinandergesetzt. Das Quartier wurde als Untersuchungsgebiet ausgewählt, da es sich im Nordwesten der Innenstadt Essens in relativ zentraler Lage befindet und das Stadtzentrum fußläufig oder per Fahrrad gut und bequem zu erreichen ist. Die Nutzung des Fahrrads stellt eine Alternative zum motorisierten Individualverkehr dar und steigert die physische Aktivität der Einwohner. Insgesamt verfügt Frohnhausen über eine weitgehend gut ausgebaute infrastrukturelle Ausstattung. Sowohl die öffentlichen Grünflächen wie der Gervinuspark oder der Westpark als auch Dienstleistungseinrichtungen, die größtenteils im Osten des Stadtteils angesiedelt sind, sind schnell erreichbar. Allerdings ist der Gervinusplatz als pulsierendes Zentrum der Region nicht direkt durch ÖPNV mit der Innenstadt verbunden. Dadurch gewinnt die Fahrradnutzung zur Überbrückung dieser Distanz zusätzlich an Bedeutung.
Durchgeführte Befragungen zeigten, dass trotz guter „Walkability“ und infrastruktureller Gegebenheiten, mehr als drei Viertel der Einwohner des Quartiers sowohl die Verkehrslage, als auch die Qualität der Fahrradwege und die Verkehrssicherheit als verbesserungswürdig ansehen. Ergänzt durch eigene Begehungen erstellte die Projektgruppe zwei kleine Karten zur Radverkehrsqualität in Essen-Frohnhausen.
Die Projektgruppe kam zu dem Ergebnis, dass die Infrastruktur und Sicherheit weiter verbessert werden muss, damit der Fußgänger- und der Fahrradverkehr eine wirkliche Mobilitätsoption zum innerstädtischen, motorisierten Individualverkehr werden kann. Gelänge dies, könnten die Luft- und Lärmbelastung reduziert werden und die physische Aktivität der Bewohner gesteigert und damit ein Beitrag zur Vermeidung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen geleistet werden.

Grünflächen steigern die Lebensqualität

Das Quartier Recklinghausen-Süd wurde unter der Fragestellung betrachtet, wie die Lebensqualität in dem Quartier durch Grünflächen und die Renaturierung von Hellbach und Bärenbach im Zuge des Emscher-Umbaus gesteigert werden kann.
Sozioökonomisch ist der Stadtteil durch eine hohe Arbeitslosigkeit und daraus resultierend von einer geringen Kaufkraft der Bevölkerung geprägt, was auch zur Folge hat, dass eine Vielzahl von Einzelhandelsgeschäften leer steht. Die zentrale Verkehrsachse sorgt für ein hohes Verkehrsaufkommen und damit für eine erhöhte Feinstaubbelastung in der Region.
Durch neu geschaffene öffentliche Grünanlagen entlang der Emscher wurde im östlichen Teil Recklinghausens dem Trend der dichten Bebauung und hohen Schadstoffemissionen entgegengewirkt. Im Westen der Region sind eher vereinzelte Kleingärten in direkter Umgebung des Hellbachs vorzufinden. Der Hellbach, der durch stark bewohntes Gebiet verläuft, lockert die dichte Bebauung der Region auf und schützt durch seine Verbindung mit Grünflächen als natürlicher Biofilter vor den Emissionen der vertikal verlaufenden Hauptstraße – der Bochumer Straße
Die Gruppe untersuchte die Flächennutzungen entlang der beiden Bäche und stellte fest, dass zusätzlich zu den Grünflächen auch Gesundheits- und Sporteinrichtungen entlang der Wasserläufe eingerichtet wurden. Zudem bieten neue Fahrradwege die Möglichkeit, den motorisierten Individualverkehr zu limitieren und nachhaltige Verkehrswege in das Stadtbild zu integrieren. Des Weiteren fungieren der Hellbach und der renaturierte Bärenbach am Südpark als Treffpunkte für soziale Kontakte. Die Gruppe schlussfolgerte, dass diese infrastrukturellen Entwicklungen auch das Potenzial haben, den Gesundheitszustand der Bewohner des Quartiers zu verbessern.

Anti-soziale Kleingärten?

Der Stadtteil Bulmke-Hüllen in Gelsenkirchen bildete das Untersuchungsgebiet für die Frage nach den räumlichen und sozialen Auswirkungen von Kleingärten auf ihre Umgebung.
Mit 23.500 Einwohnern liegt Bulmke-Hüllen als Teil des Stadtbezirkes Gelsenkirchen-Mitte im Südosten der Stadt und besitzt eine Gesamtfläche von ca. 4,2 km². Knapp 15% dieser Fläche wird dabei durch Grünanlagen und insgesamt 520 Kleingärten beansprucht. Die Emscher durchläuft das Gebiet und eine Vielzahl von Kleingärten in Form des Sellmannsbachs und wurde im Rahmen des Emscher-Umbaus sowohl über- als auch unterirdisch restauriert. Der Stadtteil hat, ähnlich wie die gesamte Stadt, mit erheblichen soziodemographischen Problemen zu kämpfen. Als relativ junges Quartier weist Bulmke-Hüllen eine Arbeitslosenquote von 34% auf, was den Gesamtdurchschnitt Gelsenkirchens noch einmal um 10 Prozentpunkte überschreitet. Die Lebenserwartung lag 2008 bei 73 Jahren – der niedrigste Stand in der gesamten Region. Die Gründe dafür sind in dem hohen Verschmutzungsgrad (als Folge der Montan-Industrie), der hohen Arbeitslosigkeit und ansteigenden Armut sowie geringer Gesundheitsvorsorge zu sehen.
Die Untersuchung des Areals von Kleingärten durch die Studierenden ergab, dass die Besitzer der Anlagen fast ausschließlich der älteren Bevölkerungsgruppe angehören und wenig Kontakt zu der jüngeren Generation haben. So bleiben die Inhaber der Kleingärten lieber unter sich und sehen es nicht so gern, wenn Familien mit Kindern in ihrer Umgebung sind, weil sie diese als zu laut empfinden. Spielplätze in der Nähe der Gartenanlagen stellen deshalb ein häufiges Ärgernis dar. In den Grünanlagen hingegen finden Veranstaltungen statt, die auf ein multikulturelles und intergenerationales Publikum zielen. Die Kleingartenanlagen in dem Untersuchungsgebiet stellen, so das Fazit der Untersuchungsgruppe, einen abgegrenzten und wenig offenen Sozialraum dar. Die dazwischen liegenden Grünflächen aber bieten Raum für körperliche Ertüchtigung und Rückzugsorte zur Entspannung.

“Healthy and Liveable Cities” revisited

Die Beispiele zeigen die Limitierungen des Lebens in Städten. Hohes Verkehrsaufkommen, soziale Isolation, Armuts- und Arbeitslosenquoten, Umweltverschmutzung und Nutzungskonflikte verringern nicht nur die Lebensqualität, sondern können sich auch negativ auf die Gesundheit auswirken, in der Form von Stress wie auch physisch belastenden Einflüssen. Andererseits machten die Beispiele deutlich, wie viele Ansätze und Aktivitäten es bereits gibt, die um Nachhaltigkeit und Gesundheitserhaltungen bemüht sind. Erschließung von Wegen für Fußgänger und Fahrradfahrer, Schaffung öffentlicher Freizeit- und Sportstätten und das kollektive Selbstbewusstsein von Städten sind wichtige Faktoren, wenn es darum geht, ob Menschen gern in ihrem städtischen Raum leben. Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Herstellung von Naturräumen in der Stadt. Die Gesundheit, wird dabei quasi nebenbei gefördert.

Autor: Martin Thißen M.Sc. arbeitet als wissenschaftliche Hilfskraft am Zentrum für Urbane Epidemiologie, Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (IMIBE) der Uni-Klinik Essen.

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Halde Haniel in Bottrop
Foto: U. Master (CC)

Urbane Epidemiologie

Um gesundheitsförderliche Handlungsstrategien auf Quartiersebene zu entwickeln und um die Gesundheitsforschung durch Netzwerke regionaler Akteure aus diversen Gesellschafts- und Forschungsbereichen zu intensivieren, wurde das Zentrum für Urbane Epidemiologie (CUE) gegründet. Hier kann angeknüpft werden an die seit 10 Jahren laufende „Heinz Nixdorf Recall Kohortenstudie“, die knapp 5000 Personen aus 3 Städten des Ruhrgebiets nach klinischen, sozialen und umweltbezogenen Daten fragt. Diese sollen nun mit einer sozial- und stadträumlichen Analyse des Wohnumfelds der Probanden verbunden werden.
Ein geplanter Forschungsschwerpunkt ist die Untersuchung der direkten und indirekten gesundheitlichen Auswirkungen des Emscher-Umbaus. Das größte Infrastrukturprojekt Europas rekonstruiert den 80 Kilometer langen offenen Abwasserkanal (der ehemalige Fluss Emscher) zu einem renaturierten naturnahen Fließgewässer. Die Renaturierung umfasst technische, soziale, kulturelle, politische, wirtschaftliche, baulich-räumliche und umweltbezogene Aspekte, deren Analyse ein umfassendes Bild und Verständnis der Zusammenhänge zwischen urbanen Rahmenbedingungen und Gesundheit zu entwickeln ermöglicht.
Das Zentrum Urbane Epidemiologie (CUE)


Renaturierte Alte Emscher im Landschaftspark Duisburg-Nord © J. Durchleuchter

Walkability

Um eine Region nach ihrer Zugänglichkeit und Erreichbarkeit charakterisieren zu können, ist es hilfreich den Indikator der „Walkability“ in den Fokus zu rücken. Durch eine kurze Wegführung in Form von Ampelanlagen und Fußgängerüberwegen werden den Menschen barrierefreie Routen des Alltags zur Verfügung gestellt, sodass sich die körperliche Betätigung der Einwohner erhöht.


Foto: F. Penna (CC)

Neues Parkgelände mitten in der Stadt: Westpark in Bochum.
Foto: P. Stachura (CC)

Gesunde Städte-Netzwerk

Das Gesunde Städte-Netzwerk (Healthy Cities Network) der Bundesrepublik Deutschland versteht sich als Teil der "Gesunde Städte" Bewegung der WHO, die 1988 gegründet wurde. Als das WHO-Projekt Gesunde Städte 1988 mit nur elf Städten anlief, galt es zu beweisen, daß man mit der sich auf den Gedanken der „Gesundheit für alle“ gründenden neuen Sichtweise auch in der Praxis ganz anders an die Probleme der öffentlichen Gesundheit herangehen konnte. Heute hat sich das Projekt zu einer wichtigen und weltweiten, bürgernahen Bewegung gemausert, in deren Mittelpunkt die Gesundheit der Menschen steht. Allein in Europa sind in 29 Ländern über tausend Städte und Gemeinden in nationale und regionale Netzwerke eingebunden. Das Leitbild des Gesunde Städte-Netzwerks heißt: Gesundheit ist ein Prozess, der auch gesellschaftlich zu gestalten ist. Auch das System Stadt hat Voraussetzungen zu schaffen, dass Bürgerinnen und Bürger gesund leben können. Bei jeder kommunalen Entscheidung stellen sich die Mitwirkenden des Gesunde Städte-Netzwerkes die Frage: Was ist gesund? Gefragt sind nicht eindimensionale Betrachtung sondern eine umfassende Analyse der Lebenssituation und Lebenswelten. Umkehrfragen sind: Macht die Autobahn vor dem Haus die Anwohner krank? Leiden Bewohner einer Trabantenstadt unter der Anonymität?
Der integrative Ansatz des Netzwerkes setzt auf die Mitwirkung verschiedener Politikfelder. Einbezogen werden so die Stadtentwicklung, die Umwelt- und Verkehrspolitik aber auch privatwirtschaftliche Unternehmen. Die Gesundheitsförderung soll möglichst allen Menschen zugute kommen, insbesonders aber sozial und gesundheitlich Benachteiligten. Gesundheitsförderung ist auf Prävention, Aktivierung, Beteiligung und Kooperation ausgelegt.
Gesunde Städte-Netzwerk

Wandern auf der Halde, hier: "Hoheward", Herten.
Foto: M. Eichental (CC)

Wissenswertes


Wohnen an der A40
Foto: U. Master (CC)

Forschungen „Urbane Systeme“

Forschungsprojekte des Verbunds „Urbane System“ an der Universität Duisburg Essen untersuchen unter anderem die gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Feinstaub-Exposition (Physikalische Chemie und Medizin), die Auswirkung sozialräumlicher Bedingungen auf die Gesundheit der Stadtbevölkerung (Stadtplanung, Stadtsoziologie und Gesundheitswissenschaft), die nachhaltige Anpassung der regionalen Siedlungswasserwirtschaft an Klimatrends und Extremwetter (Landschafts- und Freiraumplanung, Bauingenieurswesen, Umweltpsychologie und VertreterInnen aus Kommunen), Fragen der effektiven Erzeugung von Biogas aus Biomasse von Klär- und Kompostierungsanlagen.
UDE - Urbane Systeme

Neue Masterstudiengänge

Aus dem universitären Profilschwerpunkt „Urbane Systeme“ heraus wurden die beiden Masterstudiengänge „Urbane Kultur, Gesellschaft und Raum“ (MA) und „Sustainable Urban Technologies“ (MSc) entwickelt. Die Studiengänge sind eng miteinander verzahnt und sollen Kompetenzen zur zukunftsfähigen Gestaltung urbaner Systeme vermitteln.

Themen der Projektarbeiten

1. Sportverhalten in urbanen, öffentlichen Grünräumen – Untersuchung Jugendlicher im Stadtteil Altendorf
2. Bochold – ein geteilter Stadtteil
3. Auswirkungen von Grünflächen auf die Gesundheit am Beispiel von Essen-Schönebeck
4. Urbanität, Gesundheit & Fahrrad – Eine Analyse zum Stadtteil Essen Frohnhausen
5. Garden City Welheim – A Study about Childhood Obesity and Targets for a Lighter Tomorrow
6. Healthy City Project: Recklinghausen-Süd
7. Healthy and Livable City – Essen-Katernberg
8. Gelsenkirchen Bulmke-Hüllen – Social and Spatial Influences of Allotment Gardens on Their Surroundings
9. Evaluating Ecosystem Services


Metropolrad Ruhr. Foto: A. Cugun (CC)

Zum Weiterlesen

Die Neuerfindung des Fahrrads -
Über den Bedeutungswandel von Erreichbarkeit und Mobilität


Mit der Umgestaltung der Emscher und ihrer angrenzenden Areale entstehen mitten im Metropolraum Ruhr weitere, vielfältige Möglichkeiten der Freizeitgestaltung: Wandern, Spazierengehen, Picknicken, Natur beobachten, Drachen steigen lassen, und nicht zuletzt: Fahrrad fahren. Dabei ist das Fahrrad weit mehr als nur ein Freizeitgerät. Seine Funktion als Verkehrsmittel wie auch seine symbolischen, emotionalen, sozialen und gesundheitlichen Bedeutungen haben sich in den letzten hundert Jahren enorm verändert.
Magazintext von Dr. Joachim Scheiner im EMSCHERplayer


Stadtplaner Jan Gehl über die gesunde Stadt


Der dänische Architekt und Stadtplaner Jan Gehl gilt als einer der einflussreichsten Stadtplaner der Welt. Der Gründer von Gehl Architects und emeritierte Professor der Königlichen Dänischen Kunstakademie verfolgt konsequent das Ideal einer lebhaften, sicheren, nachhaltigen und gesunden Stadt.
Eine nachhaltige Stadt ist für ihn vor allem eine äußerst menschenfreundliche Stadt. Eine Stadt mit guten öffentlichen Räumen und einer gewissen Kompaktheit, welche Menschen anregt, zu Fuß zu gehen oder mit dem Fahrrad zu fahren. Darüber hinaus soll ein starker öffentlicher Personenverkehr die Pkw-Abhängigkeit weitestgehend reduzieren.
www.zukunft-mobilitaet.net


Metropolen von morgen: Gesunde Städte


Der gesamtgesundheitliche Ansatz, der in der heutigen Gesellschaft gelebt wird, stellt neue Herausforderungen an die Städte der Zukunft. Das Individuum von heute möchte nicht mehr nur einfach gesund sein – im Sinne von „nicht krank“ –, sondern auch fit und voller Lebensenergie. Diese Anforderung wirkt sich nachhaltig auf den Wohn- und Lebensraum aus. Denn lebenswerte Städte definieren sich nicht mehr nur über eine effiziente Infrastruktur, sondern sie bieten Anreiz und Stimulation sowie Erholung und Rückzug gleichermaßen. Im globalen Wettbewerb der Städte und Regionen um Einwohner werden diese Faktoren wichtige Erfolgskriterien.
www.zukunftsinstitut.de