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Wasser, Stadt und Urbanität in der Emscherzone

Warum ein neues städtisches Verhältnis zum Wasser nötig ist

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Wasser ist in den letzten Jahrzehnten immer mehr ins öffentliche Bewusstsein geraten: zum einen als Zuviel in Form von Überschwemmungen von Landschaft und Stadt, zum anderen als Zuwenig in Form von Dürre und Trockenheit. Wasser wird heute nicht länger als ubiquitäres Naturelement angesehen, sondern primär als gefährdete Ökologie und als umkämpftes Versorgungsgut. Insbesondere Städte und städtische Ballungsräume, die in welcher Form auch immer am Wasser liegen, müssen ihr Verhältnis zu diesem Naturelement neu erfinden. Das gilt auch und insbesondere für das Ruhrgebiet und seine Emscherzone.

Neues regionales Bewusstsein zum Thema Wasser

Beim Umbau des Emschersystems geht es nicht nur um die infrastrukturelle Anpassung an neue Wasserverhältnisse, die durch den Klimawandel auch im Ruhrgebiet produziert werden. Es geht vielmehr über die damit verbundene Neugestaltung von Stadtlandschaft hinaus um ein wesentliches Drittes, nämlich um ein neues regionales Bewusstsein über Wasser. Der von der Emschergenossenschaft dabei von Anfang an angestrebte partizipative Einbezug der Bevölkerung, z.B. durch Bachpatenschaften, wasserbezogene künstlerische Projekte und aktivierende Wissensvermittlung, hat hierin seinen ökologischen Sinn und sein darauf bezogenes kommunikatives Ziel. Um die für ökologische Veränderung erforderliche Nachhaltigkeit ist die Verantwortungsübernahme der Betroffenen eine wichtige Aufgabe, im Zuge derer eine Art Emscher-Community entlang des Flusses gebildet wird, die sowohl Anwohner als auch interessierte Bürger mit verantwortlichen Politikern und Verwaltungsexperten vernetzt. Es ging und geht dabei nicht nur um die Akzeptanz einer über Jahrzehnte andauernden Großbaustelle, sondern gleichermaßen um einen Prozess des kollektiven Verstehens der bisherigen und der zukünftigen Bedeutung des Wassers für die ganze Stadtregion. So wurde durch den Emscher-Umbau für viele Menschen im Norden des Ruhrgebietes Wasser überhaupt erst als Stadt gestaltendes Element sichtbar und damit war von Anfang an auch eine über die ästhetischen und städtebaulichen Effekte hinausgehende Dimension verbunden: Die Produktion einer anderen sozialen und kulturellen Wahrnehmung dieses Naturelementes. In der Teilhabe am Umbauprozess wird die Um- und Neugestaltung des Emschertals für die involvierten und engagierten Bürger sowohl zum Produkt als auch zur Produktion eines veränderten geistigen und emotionalen Verhältnisses zu diesem Raum: Wer in die ökologischen, technischen, baulichen und künstlerischen Umgestaltungen von Wasserufern einbezogen wird, ja an ihnen mitwirken darf, der sieht die Emscher und ihre Zuläufe mit einem anderen Blick. Dieser andere Blick führt wiederum zu anderen, neuen Umgestaltungsideen für eine neue Sinnlichkeit des städtischen Wassers, die zugleich dessen Sinnhaftigkeit für die zukünftige Entwicklung der Stadtlandschaft einschließt.

Sinnlichkeit und Sinnhaftigkeit des Wassers

Wasser ist von jeher ein architektonisches Gestaltungselement des gebauten Raumes, und zwar unabhängig davon, ob dieser selber am Wasser liegt. Das ästhetische Spiel mit ihm, sei es als gestalterischer Rahmen oder als unmittelbarer Gestaltungsgegenstand, lässt jedoch häufig, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, seine Bedeutung als Naturelement in den Hintergrund rücken, ja ganz verschwinden. Seine Sinnlichkeit wird so seiner naturbezogenen substanziellen Sinnhaftigkeit beraubt. Die Wahrnehmung des Wassers als Flüssiges und/oder Fließendes im Gegensatz zum Festen und Stabilen der gebauten Stadt, rückt im urbanen Raum in den Mittelpunkt der Betrachtung und bereitet dem urbanen Menschen auch jenseits von Meer und Fluss Freude und Entspannung. Das Wasser bekommt, sozusagen als formal-dialektisches Pendant zu seiner vorrangig steinernen Umgebung, so einen neuen rein ästhetischen Sinn.
Wer jedoch gestalterisch auch zur ökologischen Sinnhaftigkeit des Wassers vorstoßen will, der muss es vom rein ästhetischen zum sozialen und kulturellen Gegenstand machen bzw. alle drei Dimensionen miteinander verbinden. Dies gelingt nur, wenn der urbane Mensch von einem betrachtenden in ein handelndes Verhältnis zum Wasser gebracht wird, ohne die sinnliche Freude daran zu verlieren. Der naturpflegliche und sparsame Umgang mit dem Wasser, wie sie die Emschergenossenschaft z.B. mit ihrem Regenwasserkonzept propagiert und zusammen mit den Anwohnern der Anrainerkommunen auch praktiziert, ist dafür ein Beispiel. Auch für künstlerische und/oder spielerische Aktionen bieten Gelegenheit, den ökologischen Wert des Wassers zu ergründen.

Stadtsinn, Lebenssinn und der Sinn des Wassers

Die in den letzten Jahren fast inflationär verwendete Parole „Wasser ist Leben“ erreicht vor allem Menschen, die sich der biologischen, chemischen und physikalischen Eigenschaften des Wassers bewusst und in stadtökologischen Kontexten schon aktiv geworden sind. Für den gewöhnlichen Stadtmenschen hingegen ist Wasser ein Gebrauchsgegenstand und ein gegebener, ja selbstverständlicher Bestandteil seiner Umgebung. Die Frage nach dem sinnvollen Umgang mit dem Wasser stellt sich ihm in der Regel erst dann, wenn seine eigene Art zu leben, partiell oder als Ganzes in Frage gestellt wird. Da diese je eigene Lebensart, zumindest was den ökologischen Alltag, also den routinemäßigen Umgang mit der Natur betrifft, in der Regel eng mit seinem Lebensort verknüpft ist, kann man davon ausgehen, dass für die Mehrzahl der Städter Lebenssinn und Stadtsinn eher verwandt sind, als dass von ihnen das Wasser unmittelbar mit dem Leben assoziiert wird. Der Stadtsinn als das urbane Bewusstsein des Menschen stellt die Frage nach dem Sinn des Bleibens und Zusammenbleibens an einem Ort. Im Rahmen dieser sozialräumlichen Perspektive scheint das Wasser als eine wesentliche materielle und biologische Voraussetzungen auf. Darüber hinaus aber ist Wasser zugleich eine Projektionsfläche menschlicher Wünsche und Fantasien. Kommt dieses symbolische Rolle des Wassers mit seinem materiellen Gebrauchswert zusammen kann es zum Gegenstand von Stadtsinn, kann sozial und kulturell, ja sogar politisch aufgeladen werden. Die Sinnhaftigkeit des Wassers ergibt sich für den urbanen Menschen also nicht aus dem Wasser selbst, sondern aus seiner sicht- und brauchbaren Rolle im städtischen Gefüge und seiner symbolischen Besetzung. Über sie erst kann sich der individuelle Lebenssinn mit dem kollektiven Stadtsinn zum Gemeinschaftssinn verbinden.

Das Emschersystem als Sinnsystem

In der Emscherzone des Ruhrgebietes ist das Wasser durch die Industrialisierung zum großen Teil seines städtischen Sinns beraubt worden. Die Emscher und ihre Zuflüsse wurden durch ihre offene Kanalisierung zwar nicht der Sichtbarkeit, aber der sozialen Zugänglichkeit und der kulturellen Bedeutsamkeit entzogen. Wasser war hier überwiegend als Gebrauchsnatur präsent, wurde be- und entsorgt oder von Frachtschiffen befahren. Stadtgestalterisch trat es jenseits seines materiellen Gebrauchswertes nur ausnahmsweise in Erscheinung. Es konnte sich so als Projektionsfläche von Wünschen und Phantasien nie ernsthaft entfalten. Es war für die Masse der Bevölkerung weder als tägliche sinnliche Freude erfahrbar noch als sinnhafter städtischer Lebenszusammenhang, ja als ökologische Lebensbasis, begreifbar. Erst mit dem Umbau des Emschersystems wurde eine solche Sinngebung des Emscher-Wassers möglich. Dazu gehört nicht nur die räumlich-materielle und biologisch-ökologische Umgestaltung einschließlich der Zugänglichmachung des Flusses, sondern die damit verbundene Wiederherstellung einer der wesentlichen sinnlichen Eigenschaften des Wassers überhaupt: Seiner Klarheit. Aufgrund von Klarheit entsteht Transparenz und Spiegelung, deren ‚Dreieinigkeit’ das Wasser zur Projektionsfläche für Wünsche und Fantasien urbaner Menschen werden lässt. Klarheit ist zudem die Schnittstelle zwischen dem Lebenssinn und der Sinnlichkeit des Wassers. In ihr verbindet sich die visuelle und haptische Faszination des Fluiden mit seiner augenscheinlichen Trinkbarkeit. Konkret: Dass das Wasser der Emscher in seiner ganzen Ausdehnung überhaupt wieder klar und trinkbar werden kann, ist für viele Bewohner des Emschertals, was den Hauptlauf betrifft, einerseits noch immer unvorstellbar. Andererseits aber wird allein die Klarheit des Wassers (auch ohne seine Trinkbarkeit) ein ganz anderes geistiges und emotionales Verhältnis zur Emscher ermöglichen.

Wasser als kollektive Projektionsfläche

Die völlige Transparenz und die Fluidität des Wassers, die je nach gegebenen ökologischen und physikalischen Bedingungen zwar nicht selbstverständlich, die aber für dieses Naturelement identitätsbestimmend ist, ja für viele Menschen sein ästhetisches und physikalisches Ideal verkörpert, macht die eigentliche Faszination für den Betrachter aus. Ihr visueller Kern ist die Spiegelung bei gleichzeitiger Durchschaubarkeit. Schon vor einem körperlichen Kontakt mit dem Wasser erzeugt beides eine sinnliche Wechselwirkung die, davon zeugen unzählige literarische und poetische Texte, eine besondere Form der emotionalen Verbindung erzeugt. Die spiegelnde Reinheit des Wassers und seine fluide Reaktionsmöglichkeit auf jede noch so geringe Außeneinwirkung macht es einem sprachlos sprechendem Medium. In städtischen Räumen kann die stehende wie auch die fließende Wasserfläche, auch wenn die völlige Klarheit des Elementes selbst nicht immer gegeben ist, eine kollektive Zwiesprache zwischen seinen Bewohnern und „ihrem“ Wasser ermöglichen. Sie ist das Medium, durch das dieses Naturelement zum Teil des alltäglichen kollektiven urbanen Bewusstseins sowie zu einem Teil des Stadt- und Gemeinschaftssinns wird, der am städtischen Ufer seinen Ort erhält.In Verdichtungsräumen, die am Meer und/oder an großen Flüssen liegen, wird die Zwiesprache mit dem Wasser intensiviert. Im Ruhrgebiet und insbesondere in der Emscherzone durchdringen sich - jenseits einer Meeresküste - Stadt, Landschaft und fließende sowie stehende Gewässer in einer spezifisch fragmentierter und disparater Weise. Wasserläufe, Straßenführungen- und Bahntrassen laufen parallel, über und untereinander. Quasinatürliche Seen sind in fast unerreichbaren dschungelartigen Absenkungsgebieten entstanden, die nicht weit von gestalteten innerstädtischen Wasserflächen liegen. Die Wiedergewinnung und Gestaltung des Ufers der neuen Emscher stellte dabei eine ganz besondere architektonische, städtebauliche und landschaftsgestalterische Herausforderung dar, da der Fluss sich über lange Strecken einem Canyon gleich durch die Stadtlandschaft frisst und seine Zuflüsse erhebliche Höhensprünge überwinden müssen, um ihren Hauptlauf zu erreichen; vom nötigen Umbau und von der Erweiterung und Aufweitung der sie begleitenden Deiche ganz zu schweigen.
Durch die Gestaltung neuer Flussufer kann die Emscher wieder zum Teil des regionalen städtischen Bewusstseins und an den größeren stadtökologischen Zusammenhang angeschlossen werden. Begonnen hat dieser Bewusstwerdungsprozess mit der Errichtung und dem Ausbau des Emscher Rad- und Fußwegsystems, der trotz der Einzäunungen des unmittelbaren Ufers zumindest der Flussverlauf wieder sicht- und im wahrsten Sinne des Wortes auch erfahrbar macht. Abgeschlossen ist der Prozess erst dann, wenn sich im Wasser der Emscher Fluidität mit Transparenz verbinden und darüber hinaus ihr Ufer die Aufenthaltsqualität hat, die es für eine Zwiesprache mit dem gereinigten Wasser braucht. Dass dann auch der völlig ungefährliche körperliche Kontakt mit dem Wasser möglich sein wird, kann in diesem Sinne als die spontane Option auf die Fortführung dieser Zwiesprache mit anderen sinnlichen Mitteln gelten.

Vom Stadt See zur Stadtseele – Der Phönix See

Während die Linearität des neuen Emscherufers die Stadtgrenzen überschreitet und durchquert, kennzeichnet das Ufer des neuen Phönix Sees eine neue Stadtteilmitte, die durch das Wasser selbst definiert ist. Die richtungslose Weite des Wassers zeigt sich bei der vollständigen Umrundung des Sees und macht ihn auch aus der Perspektive der umgebenden Bebauung zum Zentrum der gemeinsamen Wahrnehmung. Der See wird zum Treff- und zum Ruhepunkt, und das unabhängig davon, ob er selber Gegenstand urbaner Bespielung durch Boote oder andere Wasserfahrzeuge ist. Er geht so oder so in den alltäglichen sozialen und kulturellen Rhythmus des ihn umgebenden Stadtraumes ein, indem er Gelegenheit und Angebot zu unmittelbarer und permanenter Interaktion mit seinen Anwohnern und Besucher ist. Damit bietet der See starke und gehaltvolle Anknüpfungspunkte für räumliche Identifikation. Ein städtischer See kann so von der emotionalen Projektionsfläche seiner Betrachter zu einer Art seelischem Spiegel der Stadt, ja zur Seele der Stadt oder des Stadtteils werden. Wasser und Urbanität werden vermittelt über das städtische Ufer ein und derselben Erlebnisraumes.

Emscher Island – Eine Stadtinsel im Ruhrgebiet

Im Falle der Städtischen Insel kehrt sich das Verhältnis von Wasser und bebautem Raum um und zugleich wird durch die lange Ufer-Linie gleichermaßen ein Erlebnisraum erzeugt. Für das Ruhrgebiet ergibt sich nach der Renaturierung der Emscher dabei im Zusammenhang mit dem Rhein-Herne-Kanal eine ganz besondere stadträumliche Situation für den gut 30 Kilometer langen, überwiegend schmalen, Landschaftsstreifen, der nahezu auf ganzer Länge des Hauptlaufes zwischen der Emscher und dem Kanal liegt. Diese bandartige Emscherinsel, die zwar nicht zu 100%, aber doch fast vollständig vom Wasser umschlossen ist, wird nach Abschluss der Umbaumaßnahmen, zwei gleichermaßen zugängliche, aber geradezu gegensätzliche städtische Ufer in nächster Nähe zueinander haben: das eine entlang der Emscher organisch einem naturbepflanzten engen Flusslauf zugewandt, das andere künstlich-gerade entlang dem viel breiteren in Spundwänden eingefassten Kanal verbunden. Beide Ufer erzeugen zusammen mit der Vielzahl der über die Insel führenden Brücken nicht nur die Möglichkeit einer gestalterisch abwechslungsreichen Schnittstelle zwischen Wasser und bebautem Raum, sondern sie formulieren auch eine neue städtische Mitte, ohne jedoch zugleich geographischer Mittelpunkt zu sein. Vielmehr handelt es sich dann um ein fast alle Gemeinden der Emscherzone verknüpfendes, achsenzentrales, komplett vom Wasser gesäumtes stadtlandschaftliches Band, zu dessen insgesamt gut 120 Kilometer langer Uferlinie gut 2 Millionen Menschen über eine Unzahl von Brücken direkten Zugang haben. Das sich mit dem urbanen Wasser und seiner unterschiedlichen Nutzung und Ausformung ergebende Wechselspiel von Fest und Flüssig ist vermittels Kanal, Fluss, See und Insel auch im Ruhrgebiet in der Lage, eine gebaute Landschaft zu erzeugen, die konsequent zu Ende geformt, die Frage aufwerfen würde, ob nach der Kohle nicht das Wasser das bestimmende Element für die Entwicklung und Gestaltung dieser Region sein sollte. Dies könnte allerdings nur dann der Fall sein, wenn nicht nur die neuen Auengebiete und Überlaufflächen sondern auch die bislang tabuisierten Poldergebiete des Emschertals in die zukünftige Gestaltung dieser urbanen Wasserlandschaft einbezogen werden. Das hieße dann, dass mit der (Wieder-)Herstellung der Klarheit des Emscherwassers im renaturierten Emscher-Hauptlauf der Umbau des Emschersystems noch nicht an sein Ende gekommen ist, folgen muss eine zweite, große Gestaltungsphase, die einen weiteren kollektiven Bewusstseinsschub zur Bedeutung des regionalen Wassers und seines städtischen Sinns einleitet.

Autor: Dr. Arnold Voss, geb. 1949, ist Inhaber des Planungsbüros „Office for the Art of Planning-OfAP“ mit Sitz in Berlin. Er ist als Berater und Gutachter für Politik/Verwaltung, Bürgerinitiativen und private Investoren tätig.

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Zweigertbrücke über Kanal und Emscher in Altenessen © Hans van Ooyen

Die Emscher-Insel erleben

Über eine Länge von 34 Kilometern bilden Emscher und Rhein-Herne-Kanal eine Insel. Hier gibt es Wohnsiedlungen mit Grünanlagen, Kleingärten und Sportstätten, aber auch industrielle und gewerbliche Produktionsstätten, Brachen und Kohlehalden sowie eine historische Kulturlandschaft mit landwirtschaftlichen Nutzflächen. Die Insel gehört zu den Städten Oberhausen, Bottrop, Essen, Gelsenkirchen, Herten, Recklinghausen, Herne und Castrop-Rauxel. Der Wert der Emscher-Insel liegt in ihrem hervorragenden Potenzial für die Veränderung der gesamten Emscher-Region. Im Zuge des Umbaus des Emscher-Systems steht die Insel vor allem als Areal für die Steigerung der Erholungs- und Freizeitqualität dieser Region im Vordergrund. Im Frühjahr 2008 hat die Arbeitsgemeinschaft Neues Emschertal den Entwurf einer Studie vorgestellt, welche an die 2005 durchgeführte „Werkstatt Neues Emschertal“ anknüpft und Maßnahmen zur Steigerung der Erlebbarkeit der Insel enthält. Die Vorschläge sind intensiv mit den Anrainer-Kommunen diskutiert worden. Ihre Anregungen und Ideen sind in die Studie eingeflossen, so dass die Arbeitsgemeinschaft Neues Emschertal die Studie im August 2008 in überarbeiteter und konkretisierter Form vorgelegt hat. Auf dieser Basis wurde mit Unterstützung durch das Ökologieprogramm Emscher-Lippe die sogenannte „Emscher-Insel-Tour“ umgesetzt.
Map+Magazine Ruhrgebiet

Bachpatenschaften

Das Konzept der Patenschaft hat sich nicht nur im Bereich des Wassers durchgesetzt. Selbst Autobahnteilstücke können z.B. in den USA „adoptiert“ werden. Hier finanziert der Pate in der Regel die Reinigung der Straßenoberfläche und die Pflege der Grünstreifen. Die Paten selbst sind meistens namhafte Konzerne, die im weiteste Sinn mit dem Auto- und Straßenbau zu tun haben. Bei den Bachpatenschaften der Emschergenossenschaft handelt es sich in der Regel um Schulklassen aus wassernah gelegenen Schulen, deren Engagement über die Wasserreinigung und Uferpflege hinausgeht. Schüler machen unter Anleitung von Lehrern Wassertests und verwerten sie im Chemieunterricht. Sie beschäftigen sich in diesem Zusammenhang mit der Geschichte des Emscherystems und der ökologischen Rolle des Wassers. Das Ziel ist die Entwicklung einer nachhaltigen und dauerhaften Verantwortungsbereitschaft schon ab dem Kindesalter, die obendrein die Eltern mit einbezieht.


Bachpaten am Ostbach in Herne © Jochen Durchleuchter

Bilder des Wassers

Die metaphorische und symbolische Bedeutung von Wasser ist nicht zuletzt durch die Weltreligionen Judentum, Christentum, Islam, Buddhismus und Hinduismus tradiert worden. In vielen religiös-mythologischen Erzählungen über das Entstehen der Welt symbolisiert der Stoff Wasser den Zustand von der Schöpfung beziehungsweise dem Urgrund allen Seins: Die Welt entsteht aus dem Meer, das die anderen kosmischen Elemente hervor bringt. Das Bild vom Wasser als Quelle allen Lebens und als Leben spendendes Ordnungsprinzip, dem darüber hinaus eine reinigende Kraft nicht nur faktisch, sondern auch metaphorisch und spirituell zugeschrieben wird, spielt hier eine wichtige Rolle. Demgegenüber steht Wasser als zerstörerische Chaosmacht, welche die Welt mit Katastrophen , wie z.B. die Sintflut heimsuchen und entsprechend auch Leben gefährden kann. Meere und Ozeane werden deshalb auch als Abgrund und als Heimstätte des Bösen angesehen.


Foto: B. Walsh (CC)

Stadtwasser 1 © Eckart Waage


Gedicht vom Wasser

Im Wasser

Im Wasser liegen.
Gedanken fliegen.
Ein Hauch von Freiheit,
still steht die Zeit.


Zum Himmel schauen.
Aufs Glück vertrauen.
Das Wasser trägt.
Die Seele bebt.


Lass‘ mich treiben,
kann ‘s nicht beschreiben.
Alle Hektik vergessen,
von Ruhe besessen.


Im Wasser liegen.
Die Zeit besiegen.
Dem Himmel vertrauen.
Luftschlösser bauen.

(Christa Katharina Dallinger)

Stadtwasser 2 © Eckart Waage

Wissenswertes


Eiskristalle. Foto: P. Toholic (CC)

Dichte des Wassers

Bei plus vier Grad Celsius weist Wasser die größte Dichte auf. Das bedeutet, dass es beim Gefrierpunkt, also bei null Grad Celsius, weniger dicht ist als bei vier Grad. Als Folge davon frieren stehende Gewässer von oben her zu, während das Wasser am Grund des Bodens eine Temperatur von plus vier Grad Celsius aufweist und flüssig bleibt. Diese tief gelegene Wasserschicht bietet Wassertieren und -pflanzen im Winter Raum zum Überleben. Diese besondere Eigenschaft von Wasser wird als „Dichteanomalie“ bezeichnet und ist bislang nicht zufriedenstellend erklärt worden. Die Dichte des Wassers ist auch dafür verantwortlich, dass Wassermoleküle mindestens fünfzehn verschiedene Kristallstrukturen bilden können. Die aus der Natur bekannte hexagonale Struktur entsteht unter den Temperatur- und Druckbedingungen, die auf der Erde vorzufinden sind. Bei bis zu 90.000-mal höherem Druck, wie ihn die dicke Eishülle von Planetenmonden auf tiefer liegendes Eis ausübt, kommt es zur Ausbildung von Kristallstrukturen mit höherer Dichte, die unregelmäßig angeordnet sind:
Water Structure and Science

Regenwasser-Rückgewinnung

Die Emschergenossenschaft hat bereits 1992 beschlossen, mit der Regenwasserabkopplung zu beginnen. Seitdem konnten zahlreiche Projekte realisiert werden, die eine naturnahe Regenwasserbewirtschaftung auch in einem industriell geprägten Raum eindrücklich beweisen: Seit 1994 wurden mehr als 130 Projekte mit insgesamt 1,4 Millionen Quadratmetern abgekoppelter Fläche durchgeführt. Bei der Zukunftsvereinbarung Regenwasser im Jahre 2005 ging es um weitere beinahe 4.000 potenzielle Projekte. Alle Kommunen haben dazu von der Emschergenossenschaft Regenwasserbewirtschaftungskarten für ihr Stadtgebiet erhalten, die detailgenaue Informationen liefern: Wo ist naturnahe Bewirtschaftung von Regenwasser sinnvoll? Kann versickert werden oder muss man aufgrund der Bodenbeschaffenheit oder einem zu geringen Grundwasserabstand zwischenspeichern? Lässt sich das Wasser oberirdisch zum nächsten Gewässer ableiten? Ziel ist die Abwassermenge bis zum Abschluss des Emscherumbaus um 15% zu reduzieren.

Der Phönixsee

Dort wo früher in Dortmund-Hörde das Stahlwerk Phoenix stand, ist ein künstlicher See entstanden. Am 18. Dezember 2009 wurde dazu in Dortmund-Hörde das renaturierte, 1,3 Kilometer lange oberirdische Bett der Emscher geflutet. Nachdem die Emscher an dieser Stelle über 100 Jahre verrohrt etwas tiefer unter der Hermannshütte floss, strömte nun sauberes Wasser durch ein naturnah gestaltetes, leicht mäandrierendes neues Flussbett, eingefasst durch eine bis 50 Meter breite Auenfläche. Parallel zum Nordufer liegt der Phoenix-Sees. Er ist 1,2 Kilometer lang in Ost-West-Richtung und 320 Meter breit in Nord-Süd-Richtung und mit einer Wasserfläche von 24 Hektar größer als die Hamburger Binnenalster. Mit einer Tiefe von 3 bis 4 Meter wurde der PHOENIX See als Flachwassersee angelegt und fasst rund 700.000 Kubikmeter Wasser. Da die fertige Sohle des Sees unter dem natürlichen Grundwasserspiegel liegt, wird der See primär durch Grundwasser gespeist. In seiner Funktion als Wasserrückhaltebecken für die Emscher kann der See im Falle etwaiger Starkregenereignisse knapp 40 Prozent seines normalen Stauinhaltes zusätzlich aufnehmen. www.phoenixseedortmund.de


Flussklang:Riversound, Tänzerin Hyun Jin Kim © Pablo Faber

Der Klang des Wassers

2008 und 2010 wurde der Emscher-Umbau unter anderem von dem Projekt FlussKlang:RiverSound begleitet. Internationale Künstler kamen in die Region und näherten sich ihrem Wandel, indem sie sich mit Themen wie 'Wasser', 'Renaturierung', 'Ökologie und Technik' klangkünstlerisch auseinandersetzten. Es entstanden acht Ars-Acustica-Produktionen.


Klangbeispiele im EMSCHERplayer:


Emscherquellhof


Pumpwerk


Klärwerk


Projektidee


Weitere Informationen unter www.riversound.de.


Flussklang:Riversound, Gitarrist Michael Rodach © Karl-Heinz Blomann