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Was ist uns die Natur wert?

Ökosystemleistungen und die wirtschaftliche Bedeutung biologischer Vielfalt

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Pflanzen und Tiere sterben weltweit in einem nie dagewesenen Ausmaß aus. Moore, Wälder und Korallenriffe gehen durch Raubbau und Flächenkonkurrenz zurück oder werden schleichend degradiert. Dies bedeutet einen erheblichen Verlust an Wirtschaftswerten, die in ihrer Summe das Welt-Bruttoinlandsprodukt überschreiten. Die Inwertsetzung von Natur verschafft einen anderen Blick auf Biodiversität und Ökosysteme. Das gilt auch für die Renaturierung von Gewässern.

Der „Wert eines Vogels“

Die Inwertsetzung von Natur ist keine neue Erfindung: 1983, also vor fast 30 Jahren berechnete der Kybernetiker Frederic Vester am Beispiel eines – heute sehr seltenen – Singvogels, dem Blaukehlchen, den „geldwerten Vorteil“ einer Tierart. Der rein materiellen Berechnung, etwa von Federn, dem Kohlenstoff-, Stickstoff- und Sauerstoff-Gehalt, der 3 Pfennige beträgt, stellt er den Nutzen des Blaukehlchens gegenüber: Sein wirtschaftlicher Wert berechnet sich aus dem Vertilgen von Schädlingen, dem Ausstreuen von Samen, der Wohlfahrtswirkung von Gesang und Anblick sowie weiteren „Leistungen“ des kleinen Vogels und erreicht 301,38 Deutsche Mark, umgerechnet 154,09 Euro. Der kleine Vogel hat also aufgrund seiner Lebensweise und Lebensleistung einen viel größeren Wert als seine materielle Hülle.
Der neue Blick auf den ökonomischen Wert von Pflanzen, Tieren und Lebensräumen ersetzt dabei keineswegs die ethische Aufgabe des Natur- und Umweltschutzes, sie bietet vielmehr zusätzlich die Chance, Biodiversität anders wahrzunehmen und ihre bedeutenden ökonomischen Werte erkennen und in Planungsprozesse als Langzeitgewinn gegenüber kurzzeitigen Gewinnen abwägen zu können. Damit wird auch dem Verlust an Arten- und Lebensraumvielfalt entgegengewirkt, denn diesem liegt häufig die Vernachlässigung der verborgenen Werte der Natur zugrunde.
Gerade Land- und Forstwirten als Berufsstände, die mit Natur arbeiten und von ihr leben, ist der Wert der Ökosystemleistungen lange bekannt. Zahlen aus diesen Bereichen überraschen dennoch (soweit nicht anders zitiert Beispiele aus dem Millenium Ecosystem Assessment-Report von 2005):
1. Der Wert von Bestäubungsinsekten für die Landwirtschaft der USA wurde mit 150 Mio. US-Dollar ermittelt (Quelle: Money, Business News, 11.05.2007).
2. Die Leistung von Wäldern zur Vermeidung von Treibhausgasen kann weltweit mit 3,7 Billionen US-Dollar bewertet werden und die zum Beispiel in den tropischen Regenwäldern Südamerikas oft noch verborgenen genetischen Ressourcen für den pharmazeutischen Markt mit 320 Mrd. US-Dollar.
3. Auch die Gegenrechnung ist möglich: Schäden der Landwirtschaft an anderen Ökosystemleistungen wurden an Großbritannien mit 2,6 Mrd. Dollar berechnet.
4. Das Einschleppen gebietsfremder Arten durch den Menschen – unter anderem als Effekt der Globalisierung – kann sehr teuer werden: Die Zebra-Muschel verursacht seit ihrer Einschleppung nach Nordamerika jährliche Kosten für ihre Beseitigung an Turbinen usw. in Höhe von 100 Mio. US-Dollar für die Kraftwerksindustrie.
5. Eine Studie des renommierten Wirtschaftsberatungsinstitutes PriceWaterhouseCooper von 2012 berechnet den jährlichen Verlust an Biodiversität und Ökosystemen mit 2 bis 4,5 Billionen US-Dollar. Dies entspricht immerhin rund 3,3 bis 7,5 Prozent des Welt-Bruttoinlands-Produktes.

Was ist Ökosystemleistung?

Die von den Vereinten Nationen beauftragte, groß angelegte Studie zur Erfassung des weltweiten Zustandes von Ökosystemen, der Millenium Ecosystem Assessment-Report (MA) von 2005 , unterscheidet hier vier Kategorien:
■ Versorgungsleistungen: diese umfassen direkte Naturprodukte wie Wasser, Nahrung, Holz, Fasern, aber auch die genetischen Ressourcen. Diese Kategorie entspricht beim Beispiels Vesters den Federn des Vogels.
■ Regulierungsleistungen: Gemeint sind durch die Funktion der Ökosysteme bzw. die Stoffhaushalte gegebene Effekte, die das Leben des Menschen auf der Erde grundsätzlich und langfristig ermöglich. Beispiele sind die Klimaregulierung (Lokalklima, auch das Stadtklima, die Kohlenstoffspeicherung), der Schutz vor Überflutungen durch natürlichen Hochwasserrückhalt in Form von Auen und Auwäldern oder die Selbstreinigung der Fließgewässer, die zu allen Zeiten die Siedlung an Flüssen erst ermöglicht hat und heute dem Grundprinzip der biologischen Abwasserreinigung der Kläranlagen zugrunde liegt. Im Beispiel Blaukehlchen gehört das Vertilgen von Schadinsekten hierhin.
■ Kulturelle Leistungen: Natur hat einen hohen Wert für die Erholung und das Wohlfühlverhalten des Menschen, der mit zunehmender Verstädterung und Technisierung immer wichtiger wird – die Freizeitindustrie hat die Natur als Markt längst entdeckt. Auch der Bereich der (Umwelt-)Bildung gehört hierhin, das Lernen an und in der Natur.
■ Unterstützende Leistungen: Die eher unauffälligen Leistungen der Ökosysteme wie die natürliche Bodenbildung durch organischen Zerfall und Abbauprozesse, die Photosynthese der grünen Pflanzen als Produzenten einer wesentlichen Komponente des Luftsauerstoffs und allgemein der Nährstoffkreislauf.
Auch das Bundesumweltministerium (BMU) nutzt im Rahmen seiner aktuellen Nationalen Biodiversitätsstrategie (NBS) die regulierenden kulturellen und Ökosystemleistungen als Grundlage für das Förderprogramm „Biologische Vielfalt“; für die Versorgungsleistungen steht dabei die Biologische Vielfalt an erster Stelle. Wichtig ist, dass das Konzept der Ökosystemdienstleistungen keineswegs nur auf Naturlandschaften angewendet werden kann.

Ökosystemleistung und die Renaturierung von Gewässern

Die ökologische Verbesserung oder Wiederherstellung von Gewässern – verbreitet Renaturierung genannt, wenngleich Natur nicht einfach (wieder-)hergestellt werden kann – ist teuer. Für einen Meter naturnaher Gewässerverlauf müssen zwischen einigen hundert bis zu einigen tausend Euro investiert werden. Die vollständige Wiederherstellung eines verrohrten Baches oder Flusses ist dabei besonders aufwändig, denn sie erfordert Grundstücke, großes Baugerät und einen aufwändigen Genehmigungsprozess. Den hohen Investitionskosten steht jedoch eine enorme Wertschöpfung durch das neu gewonnene oder renaturierte Gewässer gegenüber.
Zwar besteht in Deutschland noch Forschungsbedarf zur Inwertsetzung der Ökosystemleistungen renaturierter Gewässer, es liegen jedoch inzwischen Beispiele aus aller Welt vor, die den ökonomischen Wert von neu ermöglichter touristischer und Freizeit-Nutzung, Wassernutzung, Fischerei usw. berechnen. Zum Beispiel:
■ Mahoning River-Einzugsgebiet im US-Bundesstaat Ohio: den Kosten für die Renaturierung in Höhe von 100 Mio. Dollar steht schon ab dem ersten Jahr nach Umbau eine Wertschöpfung von 30 Mio. Dollar gegenüber – Jahr für Jahr.
■ Der renaturierte Buriganga River in Dhaka, Bangladesh, „wirft“ unter anderem durch wieder mögliche Fischerei, Trinkwassergewinnung und Freizeitnutzung eine jährliche Wertschöpfung von 10,7 Mio. Euro pro Jahr ab.
■ Der ehemals stark verschmutzte Mokgamcheon River in Seoul, Süd-Korea, der nach Sanierung und ökologischer Verbesserung wieder als Wasserweg und für viele andere Zwecke nutzbar ist, erbringt Ökosystemleistungen von 8,2 Mio. Euro jährlich.

Emscher-Umbau und Ökosystemleistungen

Der Umbau des Emschersystems ist das wohl größte Gewässer-Renaturierungsprojekt Europas, dies gilt vermutlich für die Investitionssumme, die Fläche des Einzugsgebietes, die Gesamt-Lauflänge aller dabei umgebauten Gewässer sowie den Zeitraum von rund 30 Jahren: Ein ganzes Flussgebiet von rund 800 km² mit einer großen Anzahl von Einzelgewässern wird für insgesamt 4,5 Mrd. Euro in 30 Jahren umgestaltet. Aus einem in historischer Zeit und Zwangslage entstandenen System offener Abwasserläufe entsteht ein in weiten Teilen wieder naturnahes Gewässernetz. Damit verbunden sind die gewässerbegleitenden Grünzüge, die ganz überwiegend für die Bevölkerung als Freizeit- und Verkehrsraum – gemeint sind hier rund 160 Km Rad- und Wanderwege – zur Verfügung gestellt werden. Jeder neue Weg, jedes neue Gewässer wird umgehend nach Fertigstellung von den Menschen angenommen und von der Natur zurückerobert: Im Zuge des Umbaus des Emschersystems wird schon heute, nach etwa zwei Dritteln der Umbauzeit, eine deutliche Zunahme der Biodiversität in und an den Gewässern sowie im Umfeld beobachtet [Grafik, Bilder> .
Schon hier wird deutlich, dass dieses Projekt weit mehr als die Herstellung einer modernen wasserwirtschaftlichen Infrastruktur und neuer naturnaher Bachläufe bedeutet. Es entstehen erlebbare Gewässer. Erlebbar hat hier eine vielschichtige Bedeutung, sie reicht vom wieder möglichen Anblick von bewegtem Wasser in einem der größten Ballungsräume Deutschlands und Europas. Ein sinnliches Erlebnis, das mancherorts auch das Hören des Fließens umfasst. Die Wahrnehmung über einen weiteren Sinn – das Riechen – fällt dagegen mit dem „Aussterben“ der Köttelbecken eher weg. Manch einer mag auch dies bisweilen bedauern.
Erleben heißt auch erlernen. 25 Bachpatenschaften haben sich bisher gegründet, um die Entwicklung der neuen Bäche, die oft in der Nähe von Schulen liegen, forschend und unterstützend zu begleiten. Mehrere Schulen haben sich gar in „Emscherschule“ umbenannt.
Schließlich bedeutet der Umbau des Gewässersystems auch eine immens große Bauaufgabe. Viele Unternehmen des Mittelstandes leisten seit zwei Dekaden diesen Umbau durch Menschen- und Maschineneinsatz. Viele Unternehmen haben ihren Sitz hier in der Region – ein wichtiger wirtschaftlicher Impuls. Studien haben gezeigt, dass der Emscherumbau bundesweit 5.500 Arbeitsplätze bietet, davon über 3.400 Arbeitsplätze in NRW.
All dies ist möglich durch das neue Ökosystem der Emscher und ihrer Nebenbäche. Es schafft die ökologischen, ökonomischen und kulturell- sozialen Komponenten der Ökosystemleistungen. Als Regulations- und Unterstützungsleistungen durch das Ökosystem im o.g. Sinn sind zum Beispiel der Gewinn für das Stadtklima durch die neuen Gewässer in ihrem grünen Umfeld und die Selbstreinigungskraft der intakten Gewässer zu nennen.

Nachhaltigkeit des Emscher-Umbaus

Der Wert – auch in monetärem Sinn – des neuen Emschertals mit seinen Wasserläufen wird nach dem Konzept der Ökosystemleistungen aktuell umfassend bewertet. Wir dürfen auf die Vergleichszahlen aus diesem ungleich größeren Projekt im Verhältnis zu den drei genannten Beispielen aus den USA, Bangladesh und Süd-Korea gespannt sein.
Schon jetzt ist deutlich, dass die hohen Investitionen und die Mühen über die lange Bauzeit einen großen Gewinn abwerfen werden: Jahr für Jahr summieren sich die gesamten Wohlfahrtswirkungen neuer Natur und Vielfalt neuer Erlebnis- und Lebensräume und gestiegener Lebensqualität in der Region. Nach dem Kraftakt stellt sich der Ertrag in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht ein. Aber: Das neue System will unterhalten werden, so drückt es der Flussmanager aus. Auch wenn eine gewisse Eigendynamik der Wasserläufe heute gewünscht wird, müssen die Bedingungen des Ballungsraumes mit seinen Anforderungen z.B. an den Hochwasserschutz beachtet werden. Dafür bedarf es aber keines erneuten Umbaus. Die Emscher mit ihren vielen Zuflüssen von Holzwickede bis zum Rhein wirkt nachhaltig und leistet ihren Beitrag zur Wertschöpfung in der Region.

(Alle ergänzenden Infos Redaktion Emscherplayer)

Autor: Dr. rer. nat. Mario Sommerhäuser, Jahrgang 1959, Studium der Biologie, Ökologie, Philosophie; zur Zeit der Erstellung dieses Beitrags Leiter der Stabsstelle Vorstandsbüro bei Emschergenossenschaft und Lippeverband, langjähriger Leiter des Bereichs Gewässer im Zentrallabor.

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Foto: Robert Molinarius (CC)

Ökonomie von Ökosystemen

Im Rahmen der G8-Präsidentschaft im Jahr 2007 initierte Deutschland gemeinsam mit der EU-Kommission die Studie „Die Ökonomie von Ökosystemen und der Biodiversität“, die unter der Schirmherrschaft des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) durchgeführt wurde. Ziel war es, den ökonomischen Wert der Leistungen der Natur zu beziffern und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Schädigung von Ökosystemen zu erfassen und die Kosten des Nicht-Handelns zu berechnen.

www.teebweb.org

Emissionshandel

Was uns Menschen die Natur wert ist, lässt sich auch an der Idee des Emissionshandels erahnen, einem marktwirtschaftlichen Instrument, mit dem das Klima geschützt werden soll.
Der Emissionshandel wurde 2005 in der Europäischen Union eingeführt und bezeichnet den Handel mit Rechten zum Ausstoß von Treibhausgasen. So kann beispielsweise ein Unternehmen, das unterhalb einer bestimmten Grenze des CO2-Ausstoßes bleibt, die entsprechend weniger benötigten Rechte verkaufen. In Deutschland nehmen derzeit rund 1700 Unternehmen am Emissionshandel teil, meist Betreiber großer Feuerungsanlagen, sowie Raffinierien, Kraft- und Stahlwerke. Seit diesem Jahr sind auch Flugbetreiber Teil des Modells.


Steinkohlekraftwerk in Gelsenkirchen-Scholven. Foto: Guy Gorek (CC)

UN-Dekade Biologische Vielfalt

Von Januar 2011 bis Ende 2020 ist die UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgerufen, die Nationen auf ein gesamtgesellschaftliches Programm zur Stärkung des Bewusstseins für den Wert der biologischen Vielfalt und für Schutz und nachhaltige Nutzung zu verpflichten sucht. Es umfasst eine Reihe von Initiativen, die einen Umsetzungs- und Dialogprozess in Gang setzen sollen, um die Gesundheits-, Nahrungs- und andere Bedürfnisse der Erdbevölkerung zu befriedigen und gleichzeitig die Gesundheit und Stabilität der Ökosysteme der Welt zu schützen. Die Länder haben das Recht, über ihre biologischen Ressourcen zu verfügen, sind aber auch verantwortlich dafür, ihre biologische Vielfalt zu erhalten und nachhaltig zu nutzen, indem sie Gesetze zum Schutz gefährdeter Arten ausarbeiten, Schutzgebiete schaffen und eine umweltgerechte Entwicklung zu fördern und geschädigte Ökosysteme zu rehabilitieren und die Erhaltung bedrohter Arten durch die Unterstützung lokaler Gruppen zu fördern.

www.biologischevielfalt.de
www.cbd.int

The Living Planet Report

Der Living Planet Report 2012, eine zweijährig erscheinende Studie, die der World Wildlife Fund vorlegt, stellt fest, dass wenn die Menschheit weiter so lebt wie bisher bis zum Jahr 2030 zwei Planeten benötigt werden, um den Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie zu decken. Bis zum Jahr 2050 wären so sogar drei Planeten. Da die Menschheit 1,5-mal soviel natürliche Ressourcen verbraucht als sich jährlich erneuern, entwickelt sich der ökologische Fußabdruck negativ. Der Report dokumentiert den Rückgang der Artenvielfalt um 30% seit 1970 und zeigt, dass der Verlust in den tropischen Flüssen und Seen besonders dramatisch ist.

WWF Living Planet Report 2012


Der ökologische Fußabdruck steht in krassem Missverhältnis zu den vorhandenen Ressourcen. Grafik: Institut Escola Les Vinyes (CC)

Der naturnah umgestaltete Kirchschemmsbach in Bottrop bietet wertvollen Lebensraum für Pflanzen und Tiere. © EGLV Fotoarchiv

Die Sanierung des Mahoning River

Ähnlich wie die Ruhr (Länge: 209 km) lässt sich auch der Mahoning River trotz seiner geringen Länge von nur 182 Kilometern in zwei charakteristische Abschnitte unterteilen. Der obere Flusslauf erstreckt sich durch ein stark landwirtschaftlich genutztes Gebiet, während die zweite Etappe bis zur Mündung bei New Castle (Pennysylvania) ein dicht bevölkertes, von Eisen- und Stahlindustrie geprägtes Gebiet durchläuft. Seit 1997 versucht das US Army Corps of Engineers in einem vierstufigen Plan, den durch industrielle Abwässer verschmutzen Fluss wieder in sein natürliches Gleichgewicht bringen. Unter anderem soll hierbei das vergiftete Gestein auf dem Grund des Flusses durch eine Vielzahl an neuen Substraten ersetzt werden.

Der Natur Raum geben

Untersuchungen zeigen, dass der Umbau ehemaliger Schmutzwasserläufe spontan zu einer neuen, artenreichen Besiedlung mit Tieren und Pflanzen führt. Der Gewässer-Umbau bei EMSCHERGENOSSENSCHAFT und LIPPEVERBAND leistet einen wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt der städtischen und ländlichen Räume.

Bachpaten-Aktion am Ostbach in Herne. © EGLV Fotoarchiv

Wissenswertes


1983 berechnete der Umweltexperte Frederic Vester den „geldwerten Vorteil“ des Blaukehlchens. Foto: Martha de Jong-Lantink (CC)

Biodiversität

Der Begriff Biodiversität bezeichnet die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten, der Ökosysteme - also der Lebensräume - und die genetische Vielfalt. Da der Mensch mit seinen Bedürfnissen nach Nahrung, Werkstoffen und auch medizinisch nutzbaren Produkten von intakten Ökosystemen abhängig ist, setzen sich nicht nur Forscher, sondern zunehmend auch Politiker für den Erhalt und Wiederaufbau der wichtigen natürlichen Lebensräume ein. Im Gebiet der Emscher untersuchen Biologen der Universität Duisburg-Essen derzeit die wieder zurück kehrende Vielfalt an Pflanzen und Tieren im urbanen Umfeld, die durch die Renaturierung des Emschersystems erst ermöglicht wird.

Was sind "gebietsfremde Arten"?

Im Gegensatz zu einheimischen (indigenen) Arten erreichen gebietsfremde Arten ihre neuen Lebensräume ausschließlich durch den Einfluss des Menschen. Eine genaue Klassifizierung unterscheidet zwischen unproblematischen, ihren neuen Lebensraum teilweise sogar bereichernden gebietsfremden Arten auf der einen Seite - und den sogenannten invasiven gebietsfremden Arten, deren Existenz in bestimmten Regionen eine Bedrohung für die biologische Vielfalt darstellt auf der anderen Seite. So ernährt sich der ursprünglich in Nord- und Mittelamerika beheimatete Waschbär in Brandenburg überwiegend von Eiern der vom Aussterben bedrohten Europäischen Sumpfschildkröte und verdrängt somit eine heimische Tierart aus ihrem natürlichen Gebiet.

Welt-Bruttoinlandsprodukt

Das Welt-Bruttoinlandsprodukt lag im Jahr 2007 bei ca. 54.300 Milliarden US Dollar. Hiervon entfielen mit gut 38.4000 Milliarden US-Dollar 70,8% auf die ökonomisch entwickelten Staaten und mit rund 14.100 Milliarden US-Dollar 25,9% auf die ökonomisch entwickelnden Staaten. 3,3%, knapp 1.800 Milliarden US-Dollar, entfielen auf Süd-Ost-Europa und die GUS (vgl. United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) Handbook of Statistics 2008.

Frederic Vester

Der Kybernetiker, Biochemiker und Umweltexperte Frederic Vester wurde 1993 in den Club of Rome aufgenommen und warb sein Leben lang für ein Verständnis des Werts von Ökosystemen. Er starb 2003.


Auf dem Buriganga, Bangladesh. Foto: Magalie L'Abba (CC)

Literatur

Vester, Frederic: Der Wert eines Vogels. Ein Fensterbilderbuch. Hrsg. von der Studiengruppe für Biologie und Umwelt. München: Koesel 1983.


Alam, K. (2008): Cost–Benefit Analysis of Restoring Buriganga River, Bangladesh. Water Resources Development, Vol. 24, No. 4, 593–607.


Oh, J.; Lee, K. S.; Yoo, J.; Kong, K. (2010): Estimating Economic Value of Stream Restoration for Urban Watershed Using Choice Experiments. Seoul National University; Chungbuk National University American Geophysical Union, Fall Meeting 2010 (abstract).


Millenium Ecosystem Assessment Report (2005)

www.millenniumassessment.org


J. Stemplewski; M. Sommerhäuser (2010): Neue Artenvielfalt in Emschergewässern. Ein Beitrag zur Biodiversität der Ballungsräume. In: KW Korrespondenz Wasserwirtschaft 12, S. 649 – 655.


Natur lässt sich nicht auf ihren reinen Geldwert reduzieren. Foto: I. Seyed (CC)